2022
2022 – lange war die Corona-Pandemie Thema Nr. 1. Keine großen Reisen, in 2021 haben wir mit Ruby kurze Ausflüge in die Niederlande gemacht, Deventer und Nordwijk waren die Ziele. Wir wollten vor allem testen, ob sie das Autofahren gut verträgt.
Aber dieses Jahr geht es wieder auf Tour. Nur wohin?
Mecklenburger Seenplatte? Dänemark? Oder doch noch mal Bretagne?
Kurzfristige Entscheidung: Wir entdecken die Normandie!
Das heißt dann auch mal wieder: On dit Bonjour! Das haben wir in den letzten Jahren auch sehr vermisst.
Es geht los in kleinen Etappen über Belgien, Hauts de France, und endlich Departement Calvados…
Tag 1 – Poperinge
In Poperinge, in Belgien direkt an der französischen Grenze übernachten wir auf einem kleinen privaten Campingplatz.
Koordinaten: 50°49’27.1″N – 2°41’55.5″E
Besonderheit an diesem Ort ist ein Soldatenfriedhof, „Lijssenthoek Military Cemetry“. Hier liegen über 10.000 Soldaten aus dem ersten Weltkrieg.
Tag 2 – Woignarue
Bevor es losgeht: heute ist „Bestimmertag“ – So nennt man auch den Geburtstag. Im ganz kleinen Kreis feiern wir Heikes Geburtstag:
Woignarue, der zweite Stopp ist ein kommunaler Platz. Wir machen ein wenig Sightseeing und lassen ansonsten die Seele baumeln.
Eigentlich will man mit einem Camper, so wie wir ihn haben, irgendwo im Hier–und–Jetzt stehen. Das geht aber in den meisten Ländern Europas eben nicht. Auch in Frankreich ist es prinzipiell nicht erlaubt, frei zu stehen. Dafür gibt es aber recht viele Stellplätze – und sicherer ist man auf jeden Fall da, wo mehrere Camper sind. Wichtigste Regel: Je weniger Sterne, desto besser, diese Erfahrung haben wir schon in der Vergangenheit gemacht.
Tag 5 – Merville-Franceville
Der erste Platz im Departement Calvados war in Merville–Franceville–Plage. Ein Platz ohne Animation, aber maximal durchstrukturiert. Der Leiter soll ein ehemaliger Fremdenlegionär gewesen sein, das markt man ihm an. Aber, sehr nett und hilfsbereit. Wir lernen C. und O. mit ihrem Hund Finn kennen. Selten haben wir so nette Campingnachbarn gehabt….
Der Strand ist nicht nur wunderschön, sondern auch geeignet für „pêche-à-pied“ (=“fischen-zu-Fuß“). Wir üben uns also mal wieder im Muschelnsammeln und haben für den Abend wieder was gutes zu Essen …
Wir bleiben drei Tage, unsere Nachbarn müssen wieder nach Hause, wir fahren weiter.
Tag 8 – Criqueville-en-Bessin
Der nächste Platz – mal wieder hat Heike eine gute Wahl getroffen.
Ein Null–Sterne–Platz am Rande von Grandcamp–Maisy. Als wir eintreffen, kommt ein Mann auf uns zu, der uns auffordert, uns einen Platz auszusuchen. Der „Patron“ käme im Laufe des Tages. Der Platz ist schon sehr kurios ….
(49°23’35.9″N+1°01’12.2″W)
Wir wandern nach Grandcamp. Am Ortseingang steht die „World-Peace-Statue“. Im Ort kaufen wir den ersten Calvados und wir besuchen die örtliche „Eglise Notre Dame“. Die Akustik der Kirche verleitet mich, a capella das „Ave Verum“ zu singen. Mit frischem „Pain trad.“ treten wir den Rückweg an.
Bei der Rückkehr treffen wir den Patron.
Dieser hat viele Infos in breitestem Französisch – ganz sicher mit normannischem Akzent. Er hat viele interessante Hinweise für uns, von denen ich vielleicht die Hälfte verstehe. Sehr interessant war der Hinweis auf den deutschen Soldatenfriedhof in La Cambe.
Wir bleiben eine Nacht und fahren weiter der Küste entlang.
Tag 9 – La Cambe und Ravenoville–Plage
Unterwegs halten wir an dem deutschen Soldatenfriedhof und sind sehr berührt. (49°20’35.4″N+1°01’36.0″W)
Wir fragen uns, ob unter jedem Grabstein auch ein echtes Grab ist, oder ob die Steine eher symbolisch zu sehen sind.
Wir treffen ein deutsches Ehepaar, die an einer Stelle Blumen niederlegen und ich spreche sie an, ob ich ihnen Fragen stellen dürfe.
Sie erklären uns, dass ein Verwandter hier liege, und sie sofern es geht, hier immer wieder vorbeischauen. Und wir erfahren auch, dass tatsächlich unter jedem Stein ein Soldat beerdigt ist. Sie erzählen noch ein wenig über ihr Verhältnis zu dem beerdigten Soldaten und die Frau hat dabei Tränen in den Augen.
Wir bleiben noch eine Weile und fahren weiter zu unserem nächsten Platz, diesmal in der Nähe von Ravenoville–Plage, wieder eher in „the middle of nowhere“…
Der Platz ist wirklich sehr schön, der Empfang mal wieder herzlich. Aber drumherum eher nichts los, sogar bis zur nächsten Boulangerie muss man 15 Minuten mit dem Vélo fahren.
Deshalb geht es am nächsten Tag weiter. Wir fahren nach Saint-Vaast-la-Hougue, hier gibt es die Île de Tatihou. Diese erreicht man mit einem Amphibienfahrzeug, leider dürfen keine Hunde mit.
Wir besuchen das Dorf und finden einen wunderschönen Innenhofgarten, einfach so zugänglich für jedermann. Es wäre eine wunderschöne Location für ein Konzert des Trio Saitenstreich!
Wir umwandern die Presqu‘ile Houghe und stellen beim Betrachten des Fort de Saint-Vaast-la-Houghe auch mal wieder fest, dass es sich bei der Normandie um ein Gebiet mit einer ausgeprägten kriegerischen Vergangenheit handelt. Unzählige Schlachten bis hin zu den Invasionen 1944 sind hier über Jahrhunderte geschlagen worden.
Nichtsdestotrotz wagen wir am nächsten Tag den Aufstieg auf den Turm. Es ist eine enge Wendeltreppe mit ausgetretenen Steinstufen. Alleine schon eine echte Herausforderung, mit Hund erst recht. Auf zwei Ebenen finden sich hohe Räume mit Kuppeldecke – und einer unglaublichen Akustik.
Der Ausblick von ganz oben ist phänomenal!
Tag 12 – Cherbourgh und Vauville
Nach zwei Tagen wird es Zeit für die Weiterfahrt. Eigentlich wollten wir auf den Leuchtturm „Phare de Gattville“ steigen, aber als wir ankommen, ist gerade Mittagspause. Also fahren wir weiter und halten im Ort an einem kleinen Künstleratelier.
Weiter geht die Reise quer durch das nördliche Cotentin, durch Cherbourgh. Hier bleiben wir nicht, Cherbourgh ist eine quirlige Hafenstadt und Ausgangspunkt zahlreicher Fährverbindungen. Die „Stadtrundfahrt“ im Jumper ist dafür ausreichend.
Wir fahren bis an die Westküste. Hier halten wir wieder an einem einfachen kommunalen Platz („Camping Municipal“) und bleiben für zwei Nächte.
So nah wie hier haben wir noch nie am Wasser gestanden. Der Ausblick aus unserer „belle-étage“ ist großartig.
Morgens kommt ein Bäcker, normalerweise reichen meine Französischkenntnisse aus, um Baguette und pain chocolat zu kaufen. Deux tradition und deux pains chocolates, das kostet „kattkattwng“ …. nach längerer Überlegung: 4,80 € (quatre / quatre-vingts).
Der Strand ist breit und lang. Ganz im Westen erkennt man ein Kraftwerk. Ein Tidenkraftwerk? Nein – Google zeigt uns: Das Kernkraftwerk Flamanville – Frankreich setzt eben stark auf die Nukleartechnologie. Aber es gibt noch mehr zu entdecken: Ein großartiger botanischer Garten und ein Naturschutzgebiet, durch das man mehrere Stunden streifen kann. Den niedlichen Ort hingegen haben wir völlig vergessen. Das fällt uns allerdings erst auf, als wir schon wieder auf der Weiterfahrt sind.
Tag 14 – Cateret und St-Georges-de-la-Rivière
Weiter geht es Richtung Süden, am „Phare de Carteret“ machen wir Halt, steigen nach oben und umrunden danach zur Hälfte das Gelände. Der Blick auf das Meer mit einer Segelregatta, im Hintergrund Jersey … einfach traumhaft.
Unsere nächste Bleibe ist ein Platz in Saint-George-de-la-Rivière-Plage, auf dem eigentlich nur Mobilheime stehen. Es gibt acht Camper-Van Plätze – perfekt getroffen.
Die Platzeigner sind sehr kommunikativ, wir erfahren viel über die Gegend und bekommen Tipps für die Weiterreise. Auch mein Sprachschatz wird nochmal erweitert: Wenn man sich verabschiedet aber ganz sicher nur für eine Weile, dann heisst es à tantôt (~bis später).
Am nächsten Tag besuchen wir nochmal den Leuchtturm – aber nur von unten. Die Gegend um den Turm ist traumhaft, viele Dünenwege und ein herrlicher Strand. Am Abend gibt es Austern und Fisch.
Tag 16 – Saint-Saveur-le-Vicomte
Weiter geht es, jetzt erstmal ins Landesinnere, wir finden einen schönen Rundweg in der Nähe von Saint-Sauveur-le-Vicomte. Von dem Ort selbst beeindruckt allerdings nur das alte Schloss, wir stehen in deren Schatten mal wieder auf einem „Municipal“.
Am Abend klingt dann Mainstream-Musik, die Neugierde treibt mich nochmal ins Dorf und dort gibt es tatsächlich eine Art Bal-Folk. Die Tänze kenne ich, die Musik vom Band passt aber nur rhythmisch – les temps changent….
Tag 17 – Heimreise über Merville-Franceville
Wir merken, dass in Frankreich die Ferien beginnen und schlagen daher schonmal den Weg Richtung Osten ein.
Wir machen nochmal Halt in Merville und machen ein wenig Strandurlaub. Auch hier merkt man, dass langsam die Hauptsaison beginnt.
Klar ist aber: Wir kommen wieder – egal ob Normandie oder Bretagne!
… wird fortgesetzt